Interview: Timo Quante

Interview mit Timo Quante

F: Wie kamst du nach deinem Romandebüt im letzten Jahr dazu, einen Kurzgeschichtenband zu veröffentlichen?

Q: Bei meinen Lesungen zu Entweder Rapper oder Gangster habe ich immer die eine oder andere Kurzgeschichte mit im Programm. Und die Kurzgeschichten, die fanden großen Anklang. Das ermutigte mich wiederum, die ganzen Geschichten, die in meinem Kopf so rumkreisen, einzufangen und zu einer Kurzgeschichte zusammenzufassen. Dass daraus ein ganzer Band wird und dass wir diesen auch noch veröffentlichen, damit habe ich nicht gerechnet. Das war kein Stück beabsichtigt. Und die Idee dazu, die kam eigentlich von Thomas Manegold, meinem Verleger, der einfach mal meinte, Timo, pack mal deine ganzen Geschichten zusammen und dann gucken wir, was passiert.

F: Welche der Geschichten in Randsteinbeißen liegt dir besonders am Herzen und warum?

Q: Natürlich ist jede Kurzgeschichte für mich etwas ganz Besonderes und etwas ganz Persönliches. Aber wenn ich mich für eine entscheiden müsste, dann wäre das definitiv Über Schatten. Warum? Ich mag die dichte Atmosphäre, wie alles so harmlos beginnt, aber man merkt, okay, da wird jetzt bald etwas ganz Grausames und alles Veränderndes passieren. Die Geschichte an sich ist bereits leseerprobt und führte auch zu sehr interessanten und auch inspirierenden Gesprächen.

F: Wie viel Wolfsburg steckt in deinen Texten?

Q: Tatsächlich steckt noch eine ganze Menge Wolfsburg in meinen Texten, aber auch eine gehörige Portion Braunschweig, Berlin, Hannover und Ruhrpott. Warum? Weil ich mich dort im letzten Jahr sehr viel rumgetrieben habe. Aber gelegentlich verirrt sich auch eine Handlung in ein niedersächsisches kleines Dorf.

F: Welche Autoren oder andere Vorbilder (z.B. musikalisch) inspirieren dich zum Schreiben?

Q: Bernemann, Bukowski und Jörg Fauser, ein bisschen Murakami, ganz viel Paul Auster und natürlich ganz viele unterschiedliche Autoren. Die Liste, die wär wahrscheinlich unendlich lang. Musikalisch ganz viel Curse und Moses Pelham und besonders die Arbeitsmoral von einem Kool Savas.

F: Wie viel Rap steckt noch in deinen Texten?

Q: Rap hat immer den Anspruch, direkt auf die Fresse zu sein. Das haben meine Texte auch.

F: Braucht für dich jede Geschichte eine Punchline?

Q: Gute Frage. Der Anspruch meiner Texte ist es, den Leser zu wecken, gerne auch mit ’ner Ohrfeige. Von daher sind Punchlines für mich elementar.

F: Sowohl dein Debütroman als auch deine neuen Geschichten haben einen Hang zum Absurden. Ist das Zynismus, um mit den Enttäuschungen des Lebens umzugehen oder eher Spaß am Verstörenden?

Q: Definitiv kein Zynismus! Das Leben ist zu kurz und zu kostbar für Zynismus. Meine Storys wollen nichts beschönigen und keine heile Welt vorgaukeln.

F: Sind deine Texte für dich eine Provokation oder das Aufzeigen von realen Lebensverhältnissen?

Q: Erschreckenderweise provoziert das Aufzeigen von wirklichen Lebensverhältnissen viel mehr als alles Konstruierte. Von daher sind meine Texte beides, obwohl die Provokation nicht gewollt ist.

F: Wann und wo schreibst du deine Texte?

Q: Immer frühmorgens und immer an meinem Schreibtisch. Routine ist für mich kreativer Treibstoff.

F: Wie hat sich dein Leben seit der Veröffentlichung deines Debüts letztes Jahr verändert?

Q: Ich bin sehr viel unterwegs, ich treffe sehr interessante Menschen, mein Blickwinkel hat sich immens erweitert. Mein Leben ist vielfältiger geworden.

F: Wo siehst du dich und deine Karriere als Schriftsteller in fünf Jahren?

Q: Entweder man schreibt oder man schreibt nicht. Schriftsteller ist für mich keine Karriere, die sich planen lässt – um mal so ein Klischee zu bedienen. Man kann nicht schreiben, man muss schreiben. Und wenn ich das irgendwann nicht mehr muss, dann brauch ich nicht mehr zu schreiben. Aber keine Panik, da ist noch einiges im Tank und ich hoffe, dass ich auch noch in fünf Jahren weiter Bücher machen kann mit sehr, sehr starken und tollen Menschen durchs Land reisen und mich mit einer Vielzahl von Persönlichkeiten unterhalten kann.