Pascow gehört zu den Bands, die meine ersten zaghaften Annäherungsversuche mit deutschsprachigem Punk zu einer Leidenschaft haben werden lassen. Die Band begleitet mich seitdem immer, egal ob ich gerade mehr Punk oder Post-Punk höre oder einem kurzen, peinlichen Rückfall in den Indie fröne. Meinen allerersten Pascow-Song von der Platte „Alles muss kaputt sein“, „Too doof too fuck“, habe ich 2016 eher zufällig entdeckt. Viel zu spät dafür, dass es die Band aus dem Saarland/Rheinland-Pfalz schon fast so lange gibt wie mich. Trotzdem war ich sofort angefixt. Intelligenter Deutschpunk von Menschen, die ihre Instrumente beherrschen, war vorher (auch aufgrund von Unwissenheit) für mich ein Oxymoron.

Das beste deutschsprachige Punkalbum ist und bleibt für mich „Diene der Party“. Deshalb schreibe ich hier auch keine Rezi zum aktuellen Album „Jade“, das, seien wir ehrlich, für viele zuerst gewöhnungsbedürftig, weil sehr experimentell war. Beginnen wir mit dem Cover von „Diene der Party“. Ein weißer Rabe auf dunklem Grund, schöne, schlichte Grafik, die auf den düsteren Sound einstimmt, der bei allen Songs auf dem Album durchgezogen wird. Gleichzeitig schafft die Band es, ihren für Punk sehr eigenen Stil zu erhalten. Nur eine Stufe düsterer eben. Und eine Stufe aggressiver und mit so viel Energie, dass man nicht still sitzen bleiben kann. Ich habe keinen Lieblingssong auf dem Album. „Castle Rock“ sticht trotzdem heraus. Das liegt am sich langsam bis zur Ekstase steigernden Intro in bester Pit-Geschwindigkeit zum Warmwerden – und wahrscheinlich auch daran, dass es das erste Lied bei meinem ersten Konzert der Band war. Im Saarland, auf einem winzigen Festival an einem See, wo am nächsten Tag ein Techno-Festival stattfand, dessen provinzielle Besucher uns Iro-Trägern keinen besonders schönen Morgen auf dem Campingplatz bescherten – aber das war es tausendmal wert. Der Songtext ist zu Beginn ähnlich kryptisch wie man es vorher von der Band gewohnt war, wird dann aber, was am Album insgesamt auffällt, deutlich politischer und eindeutiger:

Und was Nestlé so macht,
bekomm ich selten noch mit.
Denn die Zeit, die mir fehlt,
ist das Geld, das ich krieg.

Die Texte sind bei alledem aber erstaunlich unwichtig. Zumindest für den ersten Eindruck und das Feeling des Albums. „Zwickau sehen und sterben“ ist noch so ein Meisterwerk. Allein die ersten Akkorde der Songs zu hören macht glücklich, sehr glücklich. Ungewohnt politisch, gewohnt voll mit pokulturellen Verweisen (hier z.B. anschaulich der Film „Brügge sehen und sterben“) und mit dem mitreißenden düsteren Sound ist dieses Album die perfekte Einstiegsdroge. Ich zeige es regelmäßig allen Freiwilligen und Unfreiwilligen. Bei Periplaneta zum Beispiel. Ich freue mich sehr, hier so ziemlich alle angefixt zu haben, vom unbelehrbaren ToM Manegold bis zu lieben Stammgästen bei Lesungen. Meine schönste Pascow-Periplaneta-Story ist aber die folgende: Auf der Aftershowparty einer „Langen Nacht der Subkultur“ lief irgendwann der folgende Song:

https://www.youtube.com/watch?v=xtzA1XHSDtQ

Lustig wurde es, als ich von Subkultur-Autor HC Roth lernen durfte, dass im Song die Worte „Fuck Off“ auf den Arsch tätowiert wurden – und nicht, wie ich vier Jahre lang mit inbrünstiger Überzeugung glaubte: „van Gogh“. Mein Missverständnis kann Kenner nicht überraschen, denn der Sänger Alex Pascow verschluckt gern mal ein paar Worte, sodass man den Text nicht immer gut versteht. Aber das birgt auch Chancen, wir haben an diesem Abend sehr viel gelacht. Van Gogh könnte das neue Arschgeweih werden, ich wäre dabei – und jetzt bin ich durch.