von Ritchy Fondermann.

Ich habe mir die Special Edition der »Way Down In The Rust Bucket« (4 LP/2 CD/1 DVD) von Neil Young und Crazy Horse geholt. Ich bin wirklich Neil-Young-Fan. So richtig. Klar teile ich viele seiner politischen Ansichten nicht und klar, seine Stimme ist echt gewöhnungsbedürftig. Aber ich liebe diesen elektrischen Gitarrensound. Die »Ragged Glory« ist meine Liebingsplatte. Die »Weld« zeigt die Krönung eines jeden Gitarrensounds. Ich habe die Special Edition genommen, weil es die DVD sonst nicht zu kaufen gibt, und wer Neil Young einmal live gesehen hat, der kann verstehen, dass man ihn auch sehen will und nicht nur hören.

Kennengelernt habe ich Neil Young über die Eltern eines Freundes. Die mir auch erklärt haben, welche Drogen man ausprobieren kann und von welchen man besser die Finger lässt. Dargestellt in Erzählungen über Menschen, die in die Schlafzimmerschränke der Eltern urinieren. Ich mag diese Eltern. Ich war vermutlich um die 15 oder 16 Jahre alt, als ich dem Vater gestand, ich würde das countryeske eines John Henry Deutschendorf (besser bekannt als John Denver) mögen, und dass ich Punk liebte, war ihm klar. Ich war durch meine Freunde mit deutschsprachigem Punk infiziert worden. Er spielte mir die »Live Rust« (1979) vor und gab mir die »Rust Never Sleeps« (1979) in die Hände. Das war die perfekte Mischung aus allem, was ich kannte. Ich liebte Hendrix für sein Gitarrenspiel (den Eltern des Freundes sei Dank) und konnte nicht genug bekommen von dieser Kraft und ja, von dem Rotz. Scheißegal, Spielfehler sind wichtig!

»Es gibt keinen falschen Ton, es gibt nur eine falsche Intension« – Neil Young. 

Hau drauf! Die »Ragged Glory« war 1990 das 6. Studioalbum von Neil Young mit Crazy Horse. Sie gingen danach auf Tour und veröffentlichten das »Weld«-Album. Ein Meisterwerk. Ein Gang durch die Gärten der besten Neil Young Songs, live aufgenommen mit unfassbaren Feedbackorgien. In der Gänze sind die Songs nur zu genießen auf dem »Weld«-Live VHS-Band, welches ich selbstredend besitze. Die CD-Version kam mit abgeschnittenen Enden und in der Special Edition mit einer Bonus-CD, auf der alle Enden in einem Song zusammengeschnitten waren. 30 Minuten oder so Feedbackorgie. Hammer. Allen, denen der Soundtrack vom Jim-Jarmusch-Film »Dead Man« gefallen hat, sei diese Bonus-CD ans Herz gelegt. Aber das ist mehr Punk.

Zurück zum »aktuellen« Album: ein Livealbum eines Konzertes von 1990 aus einem kleineren Club als Vorbereitung für die Tour.  Es ist die Übergangsphase vom gerade frisch im Studio aufgenommenen »Ragged Glory«-Album, bis zur »Weld«-Live-Aufnahme. Die Songs sind frisch, oftmals spielt Neil Young seinen Bandkollegen den folgenden Song leise vor, damit sie sich erinnern, dann spielen sie diese Songs zum ersten Mal und fangen an zu tanzen. Erst jeder für sich, dann alle drei vorne, dicht an dicht gedrängt, zusammen. Alle drei, das sind Neil Young, Frank Sampedro und Billy Talbot (Ralph Molina am Schlagzeug sei nicht unerwähnt). Sie spielen und sie hören nicht auf. Knappe vier Stunden dauert das Konzert, welches man in diesen Zeiten des Konzertentzuges nicht am Stück gucken kann. Man braucht die Pausen, die sich die Musiker auch genommen haben. Aber die, die wir dies sehen, werden belohnt. Mit Versionen, die um ein Vielfaches besser sind als auf den beiden beschriebenen Alben, die nicht versaut sind mit nachträglichen Gesangsaufnahmen (beide Alben, auch die Liveaufnahme!) und wir werden Zeugen der Songs, die wir immer schon mit dieser Kraft, die Neil Young damals hatte, hören wollten, die er aber beim »Weld«-Album nicht mit aufgenommen hat.

Hammer. Es Kostet viel Geld (es gibt die DVD nur in der 4-Vinyl-plus-2-CD-Edition für schlappe 120 Euro) aber wir werden belohnt. Wir, die wir glauben, solange es solche Gitarrensounds gibt, wird es Live-Musik geben müssen, da dies auf die Bühne gehört. Punkt. Ausrufezeichen!

Aber warum ist die Audio-Qualität der CD so viel besser als die der DVD? Das erschließt sich mir nicht. 

Lieber Neil Young, ich finde Deine Verkaufspolitik »interessant«, irgendwie kann ich es verstehen, dass Leute ein Abo für Deine Internetseite brauchen, um deine Songs in High Quality zu hören und dazu all das Filmmaterial bekommen und die Bonus-Geschichte hier und dort. Aber wenn ich schon 120 Euro für die kack Platte ausgebe, um eigentlich nur das Video sehen zu können und die ganze Zeit den Sound der »Weld«-Platte im Ohr habe, warum muss ich warten, um den Genuss erst auf der CD oder den Vinyl-Scheiben zu haben? Das ist arm. Das ist lieblos. So solltest Du nicht sein, nicht nach all dem, was ich von Dir erwarte. Schade.
Und sowieso. Was ist mit »White Line«? Dem Song, den Du schon seit den 70ern spielst. Der Song, den ich auf meiner Beerdigung hören will (oder nicht kann, je nachdem), warum spielst Du den nicht? Hase, das war anders ausgemacht …

Ritchy Fondermann