von Kristjan Knall.

„Halbes Jahrzehnt ohne Album ist schon sehr, sehr lange. Wir war’n die letzten sechs Jahre frierend in der Berghainschlange.“ Verdammt lange, fast vergessen. Und dann dieser Satz in der – deutsch, fresh  – „Singleauskopplung“, das hat Potential. Der Song aus dem Album „Und das Geheimnis der unbeglichenen Bordellrechnung“ hat einen annehmbaren Beat, jetzt wird anscheinend Drill verarscht. Drill, für alle Zombies, ist der knackende, langsame Hiphop, der sich um Sizzurp gebildet hat. Das ist eine klebrige Limo mit opiathaltigem Hustensaft. Es macht dich völlig blöde, völlig konsequent also, dass das bis auf Schlager vielleicht ausgeschlachtetste und inhaltsleerste Genre der Musik tonal zu einer öden, trägen Masse morphte.

Jetzt kommen K.I.Z. Die Einzigen, die es geschafft haben, Hiphop hart zu halten, „K.I.Z sind Triebtäter, ab jetzt hast du vier Väter!“, und gleichzeitig abgefuckt komisch: „Du willst ins Fernsehen? Wir können dich gerne erschießen.“ Sie sind politisch, „Ich halte fremden Frauen den Kopf fest und überprüf die Jochbeine. Sag, wer dich geschlagen hat, oder du kriegst noch eine“, und nehmen sogar den Goldstandard „real“ mit dem Bezug auf Westberlin Maskulin mit. Der Erste, und leider regressierte Rapper, der auf Berlin setzte statt auf Rödelheim oder Hamburg. Der einen neuen ultraaggressiven Rap prägte. K.I.Z sind das und mehr: ironisch. Vor allem ohne dabei wie die Tentakel von Delphi oder die gefürchteten Blumentopf in den deutschesten aller Hiphoppe abzugleiten: Studentenrap. Klar, die Erwartungshaltung für ein neues Album ist hoch.

Leider geht es nach der Berghainschlange bergab, was an sich ein prima performativer Kommentar auf das Berghain ist. „FBI und Interpol“ bleibt mit dem Metakommentar „Bitte trennt das Werk vom Künstler“ in Erinnerung, der natürlich sofort hart durch den Kakao gezogen wird: „Denn privat sind wir sehr viel schlimmer. Baby, FBI und Interpol jagen mich (Baby). Zieh dich aus, ich muss seh’n, ob du verkabelt bist.“ Dann noch weniger ein Lied als eine antimeditative Geschichte, „Das ist alles Urlaub“, in der sich nett koksen lässt, während ein Kind ertrinkt. Nett, bestenfalls, für K.I.Z-Verhältnisse. Wir wissen alle, wessen kleine Schwester das ist.

Man will hoffen, dass das nicht das Koks ist, das ihnen das Hirn endgültig weggefräst hat, sondern der verdammte Drill. Von Hipstern bei Mode, Einstellungen und Musik lernen heißt verlieren lernen: Auch wenn man Scheiße ironisch macht, bleibt sie immer noch scheiße. Es sind nicht so sehr die Texte. Vielleicht kann man sich da reinhören, vielleicht sind die so genial wie K.I.Z sonst. Es ist der DJ, er wirkt wie auf Sizzurp. Kein Wunder, denn er ist nicht mehr er. 2018 trennten sich K.I.Z nach 18 Jahren von DJ Craft, weil der sich „verstärkt dem DJing und der Clubszene widmen möchte“, also verhipsterte. Drill ist die Maultrommel der Beats, da geht nur so viel. Was Songs wie „Selbstjustiz“ oder „Freiwild“ so genial macht, ist das Instrumental. Jeder, der behauptet, er höre Musik wegen dem Text, ist ein Idiot. Das ist wie Gedichte wegen des Gesangs zu hören oder, wie Frank Zappa sagte, Architektur zu tanzen.

Vielleicht machen sich K.I.Z nur warm. Der Bordellbesuch soll nur „Album zum Album“ sein, im Mai kommt mit „Rap über Hass“ das „richtige“. Vielleicht ist es wie bei „Sexismus gegen Rechts“ eine Halbverarsche des Publikums, wir sind nur zu „behindert“ es zu blicken.

Hoffentlich.