Subkultur ist nonkonform, unkommerziell, independent … Was haben wir nicht alles für Begrifflichkeiten erfunden, gepflegt und totgeritten, um uns zu definieren. Wir sind die Anderen, die Unbestechlichen, die Rebellen, die Aliens, die besseren Menschen … oder doch nur die Unerhörten, Erfolglosen, Talentfreien, die einfach nicht wissen, wie man Schafe ins Trockene bringt, Ärsche an Wände presst, andere ausbeutet und Konten füllt – mit der einzigen Droge dieser Welt, die kontinuierlich an Wert verliert? Sind wir vielleicht nur deshalb nicht käuflich, weil uns keiner kaufen will? Sind wir uns für den Affenzirkus zu schade oder fehlt uns einfach nur der Mut, auf einer großen Bühne vor laufender Kamera die Hosen runterzulassen?
Das Sufix Sub- bedeutet unter- und auch gegen- und eine Subkultur ist somit eine Instanz, die innerhalb einer massentauglichen Kulturlandschaft autark funktionieren soll und einen Gegenentwurf darstellt.
Die „Szenen“ unserer Zeit werden aber mittlerweile in Rekordzeit vom Mainstream geschluckt, assimiliert und verheizt. Sie orientieren sich am Zeitgeist, der seine Meinungen und Prioriäten ständig austauscht. Der Meinungstropf, an dem diese Gesellschaft hängt, wird täglich mit neuen Substanzen gefüllt, die immer neue Halluzinationen hervorrufen, die dann als Wahrheiten verkauft werden. Wer etwas anders macht, als üblich, wird kritisch beäugt und ausgelacht. Wer etwas anderes meint, wird diffamiert. Und wer dennoch damit Erfolg hat, bekommt unmoralische Angebote, die er annehmen muss, denn wenn er sie ausschlägt, wird sein Erfolg kopiert und ohne ihn auf den Strich geschickt.
Die Subkultur als Zusammenrottung verschiedener Andersmenschen hat ausgedient. Das liegt vor Allem an der technisch möglichen allgegenwärtigen Verfügbarkeit ihrer Produkte, an der fortschreitenden Virtualität der sozialen Gefüge, die im Grunde jedem ermöglichen, seine eigene Butze zu eröffnen, denn für die Selbstverwirklichung benötigt der Durchschnittsmensch ohne Persönlichkeitsstörung eigentlich nur noch einen Social-Web-Account. Die ehemals Ausgestoßenen wurden heimgeholt. Bis auf die Junkies sind alle Menschen, die einst der „Underground“ waren, heim ins Reich der konsumgesellschaftlichen Mitte geholt worden. Jeder Musikgeschmack, jeder literarische Abgrund, jede sexuelle Orientierung wird irgendwann instrumentalisiert und monetarisiert. Und die Heimgeholten glauben eisern an ausgebrochene Toleranz. Dabei versinken sie nur in eine Egalität, in der alles käuflich ist oder umsonst.
Und dennoch gibt es diese Edition. Und dennoch gibt es die Freaks und die Rebellen. Und es gibt jene inhaltsaffinen Menschen, die nicht einfach nur auf die berühmten drei Trigger hereinfallen, wenn es um ihre Aufmerksamkeit geht: Sex, kleine Kinder und Nazivergleiche … Lasst uns wieder dagegen sein. Wogegen ist erstmal egal … denn wenn alle einer Meinung sind, sollte uns das stutzig machen. Lasst uns subversiv sein. Jeden Konsens in Frage stellen. Und vor allem wieder konstruktiv und innovativ werden. Die Zeit ist reif für ein bisschen Ehrlichkeit zu sich selbst und gegenüber der Kunst.
Herzlich willkommen zu meiner Kolumne. Ach ja, und bitte kaufen Sie mein Buch!