Mittlerweile ist es fast zwei Jahre her: In der Kreuzmühle als DJ engagiert, lernte ich dort Lisa Morgenstern kennen, die ein Klavier in ihrer Wohnung über diesem nunmehr legendären Club stehen hatte. Als sie mir ein Lied vorspielte, war ich hin und weg, wie man so schön sagt. So als abgeklärter, desillusionierter Mensch, der 20 Jahre Kultur in all ihren Abgründen gemacht, erlebt und durchlitten hatte, war ich einfach nicht darauf gefasst gewesen, etwas zu hören, das mich so … erschütterte, aufwühlte … Wenige Monate später kam es am 16.06.2012 zu einem ersten Konzert im kleinen Kreis im Periplaneta Literaturcafé. Seitdem war mir der weitere Werdegang dieses Ausnahmetalents extrem wichtig. Mit „Amphibian“ kommt nun ein Album auf den Markt, dessen Entstehung allem widerspricht, was man so als Regeln und Gepflogenheiten dem gerade am technischen Fortschritt eingehenden Musikbusiness so auferlegt hat. Nicht zuletzt war es mein Appell an den Freiheitsgedanken, der in allen Kreativen schlummert, der Lisa Morgenstern dazu veranlasste, es „allein“ zu realisieren. Damit ist gemeint, jedwede Kooperation dem eigenen idealistischen Ansatz unterzuordnen und nur mit Menschen zusammenzuarbeiten, die an der Kunst an sich interessiert waren, am Potenzial, welches in den Songs steckte, die anfangs nur in der Einsamkeit entstanden und darauf zu warten schienen, erhört zu werden. Sich den vermeintlichen Gepflogenheiten nicht zu unterwerfen, sondern diese zumindest zu hinterfragen. Und ja, es waren neben mir noch andere Menschen der Meinung, dass Lisa Morgenstern da etwas Einzigartiges zelebrierte. Benni Cellini, Oswald Henke, Willi Dammeier … waren ebenso daran beteiligt, wie diverse Medien, denen man erklären konnte, dass hinter diesem Ausnahmetalent eben keine große Firma steht, die sich Resonanz zu den üblichen Konditionen buchen kann.  Niemand wusste, was sein Engagement in den „Newcomer“ einbringen wird, ob ein Label sich engagieren würde, wer die Produktion stemmen würde usw. Dass es Lisa Morgenstern schließlich aus eigener Kraft schaffte, ist auch einer mündigen „Crowd“ zu verdanken, einem Publikum, dass bereits Willens war, etwas zu bezahlen, obwohl es nur Demoversionen gab, die auch mal im heimischen Wäscheschrank mit einem Headset aufgenommen wurden.

Hier haben Mechanismen funktioniert, die man längst für tot erklärt hat: Vorbehaltlose Begeisterung, eisernerner Wille –  und nicht zuletzt das Märchen von der Qualität, die sich durchsetzen wird. Mit „Amphibian“ ist all dieser Kitsch wahr geworden. Ein Album ohne Kompromisse, das allein mit seinem Inhalt überzeugt, das schon viele Menschen glücklich gemacht hat, obwohl es erst am 22.11. veröffentlicht wird.  Ich weiß nicht, wie es den vielen Menschen geht, die es bei „Pledgemusic“ vorab unterstützt haben. Aber die vielen Wortmeldungen haben gezeigt, dass die Fans der ersten Stunde alle glücklich sind. Ich bin es auch. Periplaneta hat sich einmal mehr als unkonventioneller Koordinator für Ideen dazwischen geschaltet, eine neue Form des Managements kultiviert, in dem einer Künstlerin alle Freiheiten gelassen wurden. Wir managten das, wofür sich ein Künstler nicht interessiert, stellen die Mechanismen für Produktion, Öffentlichkeitsarbeit und Verbreitung zur Verfügung und sind auch gern mal das Netz für notwendige Investionen. Aber wir praktizieren Eigenverantwortung, Erfolgsbeteiligung, Freiheit und Zusammenarbeit. Das sind auch in einer Welt der Egoisten und Egozentriker die Eckpfeiler einer jeden Community. Es ist immer noch möglich, auf einem satten Markt eine gute Idee und/oder einen großartigen Künstler zu plazieren, ohne zu blenden. Ich glaube sogar, dass die Masse, die man meint, immer wieder melken zu können, die ganze Promoscheiße einfach mal satt hat, die leere Worte und gelackte Bilder verabscheut und sich nicht mehr verscheißern lassen will von aufgeblasenen Images und Übermenschprojektionen, denen bezahlte Teeanger Kuscheltiere und Unterwäsche an den Kopf werfen. Aber diese „Masse“, diese „Crowd“ muss das mündige „funding“ erst üben, muss erst wieder lernen, zuzuhören und selbst zu entscheiden. Das ist in einer Welt, die immer oberflächlicher wird, immer dümmer macht und permanent stumflut-like Mittelmaß auskotzt, sehr, sehr schwierig.

Aber im Fall von „Amphibian“ hat es aber super geklappt.

Es war mir eine Ehre, einmal mehr die eisernen Regeln des Gewöhnlichen zu brechen.